Die Siebziger. Wer beruflich oder privat Wälder und Wüsten durchqueren musste, war damals mit dem Land Rover gut beraten, bevorzugte er ein europäisches Produkt. Mercedes musste handeln, wollte doch das zu 18 Prozent am Unternehmen beteiligte Persien einen leichten Geländewagen für Grenzpatrouillen. Ferner hoffte man in Stuttgart, der Bundeswehr eine Alternative zu DKWs luftgekühltem Zweitakt-Munga zu bieten.
Tatsächlich entschieden sich die Verantwortlichen trotz großer Truppenresonanz ob klammer Kassen für den VW Iltis als Munganachfolger. Mercedes führte das G-Modell nach 7-jähriger Planungs- und Entwicklungsphase 1979 trotzdem ein und konnte einen Erfolg nach dem andern verbuchen. Der mit dem österreichischen Hersteller Steyr-Daimler-Puch in Kooperation entwickelte Geländewagen hatte vor allem robust und unaufhaltsam zu sein, was durch Motoren und Achsteile aus Mercedes‘ PKW- und Lieferwagenprogramm sowie dem Allradknowhow des Entwicklungspartners besorgt wurde. Ein massiver Kastenrahmen, große Federwege und Achsverschränkung, zuschaltbare Differentialsperren und ausreichend Bodenfreiheit erledigten alles weitere zum vierrädrigen Bergsteigen. Luxus wie bei heutigen SUVs hatte indes niemand gefordert.
Die Stärken des G-Modell verbreiteten sich. Ex-Formel 1-Fahrer Jacky Ickx nahm sich des kantigen Geländewagens an, um 1983 die Rallye Paris-Dakar zu gewinnen, die Erhebung in den Allradadel. Diverse Streitkräfte, Feuerwehren, die UNO und der Katastrophenschutz nahmen sich die hervorragende Geländetauglichkeit des Allradlers als Grund, ihn massenweise einzuziehen. Die Bundeswehr rekrutierte den Mercedes schließlich doch noch zu Beginn der 90er-Jahre unter der Bezeichnung ‚Wolf‘. Wer den G besonders ausgerüstet haben wollte, konnte dies problemlos realisieren, der Kastenrahmen war im Gegensatz zu selbsttragenden Karosserien für weitläufige Modifikationen geeignet. Zudem gab es einige Abnehmer, die das G-Modell in Lizenz bauten und manche Teile durch lokale Produkte ersetzten, wie etwa den französischen P4 VLLT, der Achsen, Getriebe und Motoren aus dem Hause Peugeot benutzt.
Nach knapp 30 Dienstjahren sei es Zeit fürs Altenteil, befand Mercedes und stellte 2006 den als Nachfolger beabsichtigten GL vor. Doch weiterhin starke Verkäufe bewogen die Verantwortlichen, die inzwischen dritte Generation des G-Modells bis 2013 parallel weiterzubauen, neueren Angaben zufolge sogar bis 2015. Unter der flachen Motorhaube befand sich bis dahin ein Querschnitt von Mercedes Unternehmensgeschichte: Anfangs Diesel und Benziner als Sauger mit eher mäßiger Leistung, später turbo- und kompressorgeladene Selbstzünder und Ottomotoren mit bis 507 PS ab Werk. Das Trinken konnte dem G niemand abgewöhnen, zu kompromisslos und dadurch schwergewichtig und zu gar nicht windkanalgeschliffen erwies sich das G-Modell in allen Varianten. Doch trug er die Sympathien aller, beobachtete er von der gerade erklimmten Hügelspitze, wie moderne SUVs schon am Fuße einer Geländeerhebung reifenscharrend aufgaben und dem Sternträger nicht folgen konnten. Für den G war die Bergbesteigung eine Selbstverständlichkeit.